Gnadenhalber darf ich als Fußgänger die Straße überqueren, gnadenhalber darf ich mich, an die Hausmauer gedrückt, fortbewegen. Man muß die Autos erdulden, man muß erdulden, daß sie einem den Platz wegnehmen, man muß erdulden, daß sie einem die Luft wegnehmen. Sie sind zu nichts nütze, außer zur Förderung von Eile und Hetze; denn in diesen Zeiten kommt man ohnehin immer zu spät. Das Auto dient uns dazu, unsere Wege effizienter zu verrichten; unser Geist lernt nicht Spazieren zu gehen. Und an den Weg verlieren wir jede Erinnerung, beinahe so, als würde das Auto unsere Wege vernichten. Wir kennen uns vor unserer Haustüre nicht aus, müssen aber noch überall hin. Das Auto dient der Gewöhnung an die Häßlichkeit und der Einübung der Rücksichtslosigkeit. Die Ödnis der Parkplätze und die Beklemmung der Tiefgaragen sind Abbilder unserer Seele. – Die Welt ist einst ein Paradies gewesen. Äcker und Wiesen werden asphaltiert; wenn wir könnten, asphaltierten wir auch noch den Himmel. Unsere fortschreitende Vereinzelung wurde durch das Auto nicht aufgehoben. Wir sagen, ohne Auto gehe es nicht, aber wenn es verschwinden würde, erlebten wir eine Befreiung; das Herz würde uns aufgehen, wir könnten aufatmen, wir gewönnen unsere natürliche Bewegungsfreiheit wieder. Und wir wären wieder das, was wir eigentlich sind, nämlich Fußgänger. Nicht allen gelingt die Flucht: Insekten zählen nicht, die Feldwege sind verschwunden, Frösche, Pflanzen, Vögel, Igel zählen nicht, von menschlichen Opfern ganz zu schweigen. Jeder Winkel ist durchkommerzialisiert, die Wegränder sind längst verkauft. Und wir müssen noch überall hin; unsere Unruhe ist unser Verhängnis. „Sich Konsum und Genuß unbedenklich auszusetzen, läßt das Herz erkalten, führt auf eine vielleicht noch gefährlichere Weise zu Hektik und Aggression und läßt wenige Möglichkeiten zur Betrachtung der Welt übrig, die betrachtet werden muß, aufmerksam, unablässig und konsequent.“ (Ilse Aichinger) Wünschenswert wäre eine Verwahrlosung, Verwilderung, Verwaldung von Autobahnen und Parkplätzen, Streuobstwiesen wären auch vorstellbar, Kirschgärten.