1Langjähriger Vizepräsident der Österreichischen Richtervereinigung
Träger des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich
Ostumfahrung von Wr.Neustadt – die Zwangspause
Erfreulicher Weise festigt sich der Widerstand gegen die geplante Ostumfahrung der Stadt. Daran herumgeplant wird zwar schon seit Jahren, nunmehr versucht die Politik (= Bürgermeister Schneeberger und Landeshauptfrau Mikl-Leitner = ÖVP) aber allen Ernstes das Projekt durchzuziehen.
Um Missverständnisse von vorneherein zu vermeiden, sei versichert, dass ich keine parteipolitisch eingefärbte Ideologie anzusprechen beabsichtige, sondern als gelernter Jurist und ehemaliger Richter die Kraft des Widerstandes rechtlich zu beleuchten trachte. Denn das wird nötig sein.
Abgesehen davon, dass mit der geplanten Umfahrung, in die nach den vorliegenden Plänen eine 800 Meter lange und 100 Meter breite Schneise eine Schlinge hineinbetoniert werden soll, ein neues Gewerbegebiet herangezüchtet wird, das der schon länger im Sterben liegende Innenstadt die letzte Kaufkraft entziehen wird , wird in einem ländlichen Augebiet nicht nur der Rückzugsraum für Tiere gesperrt, sondern auch fruchtbares Ackerland versiegelt. Das aber steht im Privateigentum und müsste daher allenfalls erst nach den bestehenden rechtlichen Vorgaben enteignet werden. Es ist also erforderlich, in erster Linie die Eigentümer ausreichend und richtig zu informieren und sie allenfalls gegen den erwartbaren politischen Druck zu schützen.
Was sagt uns also das Gesetz? Das ist wesentlich älter als das aktuelle Vorhaben der Politiker von heute, nämlich stammt aus dem Jahr 1867, was aus der damaligen Rechtschreibung erkennbar ist. Alt aber gut. Im Artikel 5 des >Staatsgrundgesetzes< ist es wie folgt nachzulesen:
„Das Eigenthum ist unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigenthümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt“. Gemeint ist das auch nicht viel jüngere >Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch< (ABGB), in dessen § 365 doziert wird: „Wenn es das allgemein Beste erheischt, muss ein Mitglied des Staates gegen eine angemessene Schadloshaltung selbst das vollständige Eigenthum einer Sache abtreten“.
Zwei Stellen eines unbestimmten Gesetzeswortlautes mahnen zur Vorsicht. In einem allenfalls zu erwartenden Kuhhandel kann die finanzielle Abgeltung sehr rasch das allgemein Beste vergessen lassen. Die ertragbaren Grenzen auf beiden Seiten sind im Interesse des Steuerzahlers schwer zu finden. Was dann bleibt, ist die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes. Der bietet zwei Vorteile: Der ist eine Bundesbehörde, kann also nicht von versteckten Unregelmäßigkeiten der Verwaltung in den Bundesländern blockiert werden, und kann zweitens von jedermann angerufen werden, der sich in „seinen“ verfassungsgesetzlichen Grundrechten beschwert erachtet. Wie uns gerade die Erfahrung mit dem Corona-Virus lehrt, kann das etwa eine gesetzliche Ungleichbehandlung bei der wirtschaftlichen Existenzsicherung oder etwa auch „nur“ die Behinderung sein, frische Luft zu schöpfen.
Jedenfalls wird es höchste Zeit, mit dem Unfug Schluss zu machen, dass sich Spitzenpolitiker, Selbstdarsteller wie sie nun einmal sind, Denkmäler auf Steuerkosten bauen lassen wollen.