Warum ich gegen die Ost-Umfahrung bin?
Aus meiner Sicht gibt es kein einziges Argument, das für die Umsetzung des Projektes spricht, bei dem sich die Verantwortlichen nicht schon selbst widersprochen hätten:
– Die versprochene Verkehrsentlastung wird es nicht geben. Das Projekt ist über vierzig Jahre alt und hatte damals zum Ziel, durch die Komplettierung des Hauptstraßen-Rings um Wiener Neustadt eine Verkehrsentlastung für die Stadt selbst zu erzielen. Wie Verkehrsanalysen der letzten Jahrzehnte zeigen, ist das aber eine schwache Hoffnung. Vielmehr zeigt sich, dass sich das Verkehrsaufkommen durch zusätzliche Straßen noch weiter erhöhen wird. Das immer wiederkehrende Argument der Entlastung der Innenstadt, insbesondere der Grazerstraße wird außerdem dadurch geschwächt, dass nicht der Transitverkehr, sondern ein- und ausreisende Pendler den Hauptgrund für das hohe Verkehrsaufkommen in diesem Gebiet sind. Eine Umfahrungsstraße wird also keine Entlastung bringen, da es sich zum größten Teil um Pendler handelt, die zwischen Umland und Stadtzentrum pendeln.
– Als alternative Argumentation für die Ost-Umfahrung liegt außerdem das Erschließen von Gewerbegebieten nahe. Dieser Nutzen wurde jedoch vom Bürgermeister Klaus Schneeberger selbst in einem Interview mit dem ORF („Am Schauplatz“, 22.07.2021) ausgeschlossen, es werde keine neuen Gewerbegebiete geben. Umso verwunderlicher ist es daher, dass in unmittelbarer Nähe der geplanten Straße bereits dutzende Hektar Ackerlands für die gewerbliche Nutzung gewidmet sind.
Somit sind sämtliche Argumente, die für das vierzig Millionen Euro-Projekt sprächen, außer Kraft gesetzt und man darf sich nun gerne fragen, warum es überhaupt noch zur Umsetzung und damit zur Vernichtung etlicher Hektar Ackerlands kommen sollte. Selbst wenn Herr Schneeberger seine eigene Argumentation revidieren und dann noch ein neues Industriegebiet entstehen sollte, fällt es mir schwer, den Nutzen dieses Gebiets über den Wert besten Ackerlandes zu stellen.
Vierzig Millionen Euro könnten wesentlich besser angelegt werden, um das ursprüngliche Ziel der Verkehrsentlastung auf anderem Wege wesentlich effektiver zu adressieren, beispielsweise durch den tatsächlichen Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes, besonders die Verbindungen zu umliegenden Städten wie Neudörfl und Lichtenwörth, sowie den Ausbau des Radnetzes (Verkehrskonzept „Stadt und Land mitanand“).
Einige Entscheidungsträger dürften offenbar aufgrund ihres Alters nicht mehr allzu großes Interesse an der Zukunft Österreichs in einigen Jahrzehnten haben und widmen sich wohl lieber der Absicherung ihres eigenen Lebensabends im Wohlstand. Nachdem ich in meinem Alter aber davon ausgehe, noch mindestens sechs Jahrzehnte auf diesem Planeten zu verbringen, ist es für mich nicht sonderlich spaßig, später die finanziellen und ökologischen Kosten tragen zu dürfen, die durch Bauprojekte wie dieses, die in Österreich stetig massenhaft Ackerland vernichten, entstehen.
Darum bin ich gegen die Ost-Umfahrung.