Erlauben Sie mir, dass ich in die Diskussion um die Ostumfahrung eine andere Perspektive einbringe. Ich betrachte die Dinge nämlich sehr gerne von oben – ich bin eine Feldlerche.
Früher konnte man auf allen Feldern rings um Wiener Neustadt meinen Singflug hören: ich steige mein Lied singend sehr hoch hinauf, singe dann oben in der Luft stehend weiter und sause dann im Sturzflug hinunter. Diese Show macht mir so schnell niemand nach und weil ich einer der wenigen Vögel bin, die beim Fliegen auch Singen können, was schon sehr anstrengend ist, nennt man mich einen Hochleistungssänger.
So wie meine Nachbarin, das Rebhuhn, bin ich ein allerdings auch Bodenbrüter und trage ein schlichtes, aber zeitlos elegantes sandfarbenes Tarnkleid mit dunkelbraunen Streifen. Beim Brüten habe ich wie die Nachbarin das Motto „Immer schön unauffällig bleiben“ und wir sehen viele Dinge auch von ganz unten. Und so tief unten wie noch nie sind auch unsere Überlebensaussichten. In den letzten 20 Jahren hat sich der österreichische Feldlerchen-Bestand halbiert, in vielen Gegenden hört man über den Feldern keine Lerche mehr, es ist im Himmel stumm geworden. Auch die Rebhühner werden immer weniger. Die Gründe dafür sind die intensive Landwirtschaft und die Zersiedelung. Das Rebhuhn und ich haben also schon genug Schwierigkeiten beim täglichen Überleben. Jetzt haben wir zu unserem Entsetzen gehört, dass noch dazu diese Straße direkt durch unser Brutgebiet geplant ist. Von Menschen, die an mir vorbeigingen (und fast auf mein gut getarntes Nest getrampelt wären) habe ich gehört, dass irgendwo Ausgleichsmaßnahmen geplant sind. Das ist wohl ein schlechter Scherz – damit wir Feldlerchen nicht noch weniger werden, braucht es doch beides: den Erhalt unserer Brutgebiete und eine Verbesserung unserer Lebensräume.
Bitte helfen Sie mir, damit ich, wenn ich nächstes Jahr vom Winterquartier zurückkomme, nicht auf der Straße stehe.